Unbenanntes Dokument  
Unbenanntes Dokument

"Wem gehört der öffentliche Raum?"

Haben Sie sich schon einmal in einer belebten Einkaufsstraße auf den Boden gesetzt und einen Becher vor sich hingestellt? Haben Sie schon mal (dabei )erlebt, was das aus Ihnen macht? Sie sind zwar immer noch die selbe Person, aber für Ihre Umgebung sind sie plötzlich jemand ganz anderer. Sie sind ein Bettler, ein Störfaktor bzw. Irritation. Man nimmt an, dass Sie eventuell arbeitscheu, falsch und kriminell sind …
Strassen, Plätze und Parks bilden öffentliche Bereiche, die scheinbar uns allen gleichermaßen zur Verfügung stehen. Dennoch erfolgen gerade hier offene und subtile Formen der Marginalisierung, Ausgrenzung und Disziplinierung. Wir fühlen uns dann einfach unwohl oder unsicher, beobachtet oder nicht zur Kenntnis genommen.

Das „Stadt-Bild“

In den letzten beiden Jahrzehnten waren bzw. sind es vor allem Handlungen wie „(aggressives) Betteln“, „Herumlungern“ bzw. die „widmungswidrige Nutzung“ von Denkmälern und anderen öffentlichen Einrichtungen, welche durch Gesetze - unter den Aspekten von Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit – verboten und sanktioniert werden.
So verfolgt etwa das Steiermärkische Landessicherheitsgesetz Verstöße gegen die „Schicklichkeit“, ein Begriff, welcher einer strafenden Pädagogik Tür und Tor öffnet. Anhand von verhängten Alkoholverboten zeigt sich zudem, dass gleiches Verhalten unterschiedlich bewertet wird, je nach der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe.
Doch auch die bauliche und stadtplanerische Gestaltung macht viel mit uns: Altstadtschutz gehört beispielsweise zu einem Bereich, wo es Spannungsfelder zwischen dem öffentlichen Schutzinteresse an „wertvollen“ Bauten gibt – das kann auch der „Heimatsaal“ in Graz aus den dreißiger Jahren sein oder eine Tankstelle aus den Fünfzigern – und der städtischen, oft ökonomisch orientierten „Weiterentwicklung“. Gerade Innenstädte haben sich mehr und mehr zu Kulissen für Shopping-Willige und TouristInnen gewandelt. Die Zentren werden neu so bewirtschaftet und Störendes wird aus dem imaginierten „Stadt-Bild“ mit Hochglanzcharakter wegretouschiert. Bei rechten Parteien, wie.. besser: Beim BZÖ...dem BZÖ, führt dies dann zu Parolen wie „Wir säubern Graz“.

„Ghettoisierung“?

Im Zusammenhang mit vermehrter soziokultureller Vielfalt und Diversität kommt es weiters zu einer Ethnisierung von sozialen Konflikten. Obwohl etwa Lend und Gries als alte Grazer Vorstädte seit Jahrhunderten einen "schlechten Ruf" besitzen, als Orte der Unmoral, der unteren sozialen Klassen etc. wird nun – in Zusammenhang mit einem höheren Anteil an ausländischen MitbürgerInnen und/oder migrantischen Menschen – von einer Ghettoisierung bzw. negativ verstandenen Parallelgesellschaft gewarnt.
Unser Zugang ist es, Menschen die Möglichkeit zu geben, sich Raum nehmen und aneignen zu können. Bei unterschiedlichen Bedürfnissen bedeutet dies selbstverständlich auch, dass ein erhöhtes Maß an Sozialkompetenz zum Umgang mit Verschiedenheit gefordert ist. Konflikte bei der Nutzung von gleichen Räumen durch unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen sind normal (z.B. Erwachsene und Kinder, SchanigartengenießerInnen und AnrainerInnen, AutofahrerInnen und FußgängerInnen, Punks und Nicht-Punks, …). Derartige Konflikte können jedoch nicht durch soziale Ausschlüsse und obrigkeitliche Sanktionen für bestimmte Nutzungsgruppen (etwa aufgrund ihres Aussehens, ihres sozialen Status oder eines gewissen „nonkonformen“ Verhaltens) „gelöst“ werden.


Unsere Angebote, Projekte und Aktivitäten dazu:

  • „Betteln in Graz“, Workshop
  • Expertisen zur gesetzlichen Maßnahmen und ihre sozialer Verträglichkeit
  • Vorträge (z.B. Graz, Linz)
  • Medienarbeit zu den Themen Sicherheit und Nutzung öffentlichen Raums (z.B. (ORF Steiermark, FM4, Radio Helsinki, Radio FROzine)
  • Kunstaktionen im öffentlichen Raum (z.B. 2009: "Grenzkonflikte" - Öffentliche Aktion zum Thema "Alkoholverbot" am Grazer Hauptplatz und am Grazer Hauptbahnhof zum Thema "Privatisierung" (in Kooperation mit dem Forum Stadtpark)
  • Podiumsdiskussion und alternative Altstadtführung zum Grazer Altstadterhaltungsgesetz (2009)
  • „Pecunia non olet“ – Aktion am Grazer Hauptplatz zur bürgerlichen Müllproduktion (in Kooperation mit dem Forum Stadtpark)